Hessisches Finanzgericht erlässt Urteil zur Frage des Vorliegens einer Aliudware i.R.e. Versandverfahrens

Das Hessische Finanzgericht hat in seinem Urteil vom 12. Januar 2017 (7 K 2272/15 ) entschieden, dass eine zollrechtlich relevante Abweichung der angemeldeten Ware von tatsächlich vorhandenen Ware, sog. Aliudware, nicht vorliegt, soweit bei Eröffnung eines Versandverfahrens als Warenbezeichnung die handelsübliche Bezeichnung der Ware angegeben wurde und auf die beigefügten Unterlagen verwiesen wurde.

In dem Rechtsstreit vor dem Hessischen Finanzgericht ging es um die Frage, ob Digitalkameras, die im Rahmen eines Versandverfahrens als zu befördernde "elektronische Bauteile" bezeichnet wurden, aufgrund dieser Abweichung in der Warenbezeichnung eine Aliudware darstellen. Eine solche Aliudware, so das beklagte HZA Frankfurt am Main, wäre nicht Gegenstand des eröffneten Versandverfahrens geworden, wodurch sie auch keiner zulässigen zollrechtlichen Bestimmung zugeführt worden wäre. Dadurch wäre die Aliudware der zollamtlichen Überwachung entzogen worden, die Zollschuld wäre nach dem zum maßgeblichen Zeitpunkt anwendbaren Art. 203 Abs. 1 ZK entstanden.

Dem entgegnete die Klägerin, dass eine Zollschuld nicht ein zweites Mal entstehen könne, da hier die Zollschuld bereits vor der Überführung der Ware in das Versandverfahren aufgrund vorschriftswidrigem Verbringens entstanden sei.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass zwar kein vorschriftswidriges Verbringen vorgelegen habe - das eine zeitlich nachgelagerte zweite Zollschuldentstehung gesperrt hätte - , allerdings sei vorliegend die verwendete Warenbezeichnung in der summarischen Anmeldung "CONSOL" schon deshalb ausreichend gewesen, weil zusätzlich auf die der Warensendung beigefügten Unterlagen verwiesen wurde. Hierzu verweist das Hessische Finanzgericht auf die Besonderheiten im Luftfrachtverkehr. Insofern geht das Finanzgericht davon aus, dass die Waren von der abgegebenen Anmeldung erfasst wurden und daher keine Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung vorlag. Darüber hinaus musste bei der anschließenden Eröffnung des Versandverfahrens durch die Klägerin, die eine Bewilligung als zugelassener Versender hielt, nicht so genau sein, dass eine Einreihung der Ware nachprüfbar gewesen wäre. Vielmehr genügte die Angabe der handelsüblichen Bezeichnung, in diesem Fall aufgrund der Umstände des Einzelfalls der Begriff "elektronische Bauteile" (hierzu verweist das Finanzgericht auf die der Ware beigefügten Unterlagen und die Benennung der Nummern des Musterfrachtbriefes und des Hausfrachtbriefs). Nicht aus jeder Unrichtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung könne geschlossen werden, dass sich diese nicht auf die jeweils gestellten Waren bezieht. Ausreichend sei vielmehr, dass die Zollanmeldung bezüglich der Warenbezeichnung im Kern die Warenbeschaffenheit richtig wiedergebe, was nur im Falle einer krassen Fehlbezeichnung (Erdbeeren statt Butter) nicht der Fall sei.

Quelle:

Hess. Finanzgericht Urteil vom 12. Januar 2017 (7 K 2272/15 ) (nicht öffentlich verfügbar)